Dezentralität ist eine der Stärken der virtuellen Währungen. Das klassische Finanzsystem dagegen ist zentral aufgebaut und arbeitet konträr zur Idee der Dezentralität einer Kryptowährung. Einer der Pfeiler des zentral ausgerichteten Bankensystems in Europa ist die Europäische Zentralbank (EZB). Sie ist Entscheidungsträger und zentrale Institution im Eurosystem.
Die EZB legt die Geldpolitik des EURO-Währungssystems fest, führt Devisengeschäfte, erhebt statistische Daten und verwaltet die offiziellen Währungsreserven. Damit ist die EZB der Taktgeber der europäischen Finanzwirtschaft. Eine zentrale Vormachtstellung, die der Erfinder der Kryptowährung, Satoshi Nakamoto, und seine ständig wachsende Kryptogemeinde ablehnen.
Dezentralität: Zensurfreiheit statt Aufsicht
Dezentralität und individuelle Freiheit bildeten den Antrieb zur Entwicklung einer parallel arbeitenden digitalen Finanzwelt. Statt einem zentral handelnden Entscheidungsträger ist jeder Besitzer der Kryptowährungen zugleich Entscheidungsträger. Damit ist die Macht über Entscheidungen nicht nur auf viele Köpfe, sondern auch gleichmäßig verteilt.
Kryptowährungen bilden also ein dezentrales System, dessen Teilhaber sich gegenseitig kontrollieren. Eine Struktur, wie sie bis dahin in der Finanzwelt als unrealistisch und ineffizient abgelehnt worden war.
Ungewohnte Sicherheit virtueller Coins
Im Umgang mit einer digitalen Währung verschafft kein Bargeld das gewohnte Gefühl von Sicherheit, wenn man seine Kaufkraft buchstäblich im Griff hat. Virtuelle Währungen kennen auch keine zentrale Aufsichtsbehörde, die wirtschaftliche Schwankungen oder betrügerische Aktivitäten verfolgt. Ungewohnte Freiheiten, die zu Beginn misstrauisch beäugt wurden.
Dabei verschafft genau diese Dezentralität ein hohes Maß an Sicherheit. Scheine und Münzen wollen nicht nur kostenintensiv hergestellt, sondern auch gelagert und transportiert werden. Latente Risiken wie Diebstahl, Betrug und Fälschung erfordern ständige Kontrolle und Überwachung. Eine Sorge, die im Rahmen der digitalen Dezentralität entfällt.
Konsensverfahren verhindert Betrug und Fälschung
Auch Hackerangriffe auf Rechenzentren muss das System der Blockchain-Technologie nicht fürchten. Ein Rechenzentrum braucht man für Kryptowährungen schlicht nicht. In einem Peer-to-Peer-Netzwerk benötigen die Teilnehmer lediglich einen leistungsstarken Computer mit Netzzugang. Jeder Rechner verfügt nach dem Zugang zu einer Kryptowährung über eine komplette Kopie der Blockchaindaten.
Jeder Teilnehmer erkennt Veränderungen. Manipulationen können kaum unentdeckt bleiben. Die Miner tauschen sich untereinander aus und schützen sich und die Blocks gegenseitig. Transaktionen werden ebenfalls mithilfe dieser „Hands-on-Mentalität“ validiert und Daten auf dem aktuellen Stand gehalten.
Jeder Knoten hat die gleichen Rechte und Pflichten
Dezentralisierung von Kryptowährungen bedeutet also, dass jeder Teilnehmer mit seinem Computer Knoten genannt den gleichen Aufwand betreibt und die gleichen Rechte hat. Auch wenn ein Teilnehmer größere Investitionen getätigt hat als andere, hat er keine größere Entscheidungsbefugnis über die Kryptogemeinde oder die Entwicklung der Währung. Dezentralität ermöglicht für jeden Investor den identischen Zugang und dieselben Einblicke. Niemand kann in eine andere Richtung arbeiten, ohne dass es innerhalb der Kryptogemeinschaft festgestellt wird.
Dezentralität ist nicht gleich Dezentralität
Dezentralität hat dennoch eine unterschiedliche Qualität, je nachdem, wo die Kryptogemeinde auf der Welt verteilt ist. Zwar verbinden sich alle Knoten untereinander und kontrollieren sich gegenseitig. Dennoch ist die Sicherheit noch größer, wenn sie länder- und kontinentenübergreifend verteilt sind, statt in einem Land konzentriert angesiedelt zu sein.
Ab wann echte Dezentralität vorherrscht oder eine Kryptowährung sogar übermäßig dezentralisiert ist, darüber sind sich die Investoren uneins. Am Beispiel Bitcoin zeigt sich, wie sich aus einer scheinbar unveränderlichen Dezentralität eine fast konservative Zentralität entwickeln kann. Mit allen bekannten Risiken und Nebenwirkungen.
Smart Contracts unterstützen Schwächen der Dezentralität
Durch konzentrierte Ansiedlung von Mining-Gruppen in China droht aus der dezentralen Struktur eine Farce zu werden. Das Risiko nationaler Absprachen und Einflussnahmen ist nicht zu übersehen. In diesem Rahmen werden auch die beliebten Smart Contracts riskant. Bei dieser Art des Kryptowährungshandels schließen zwei Personen oder Unternehmen Verträge, die direkt miteinander ausgehandelt wurden.
Im nationalen Kontext könnten diese rein digital ausgehandelten Smart Contracts zu beeinflussenden Absprachen für die Kryptowährung führen. Zwar sind virtuelle Währungen per System vor betrügerischen Transaktionen geschützt, dennoch können gezielte An- und Verkäufe zu manipulativen Kursänderungen führen. Aufgrund der fehlenden Finanzaufsicht können solche Schwächen der dezentralen Struktur leicht ausgenutzt werden.