Zusammengefasst
- Über 1,7 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zum Finanzsystem. Diese Lücke möchte Libra schließen.
- Der Start ist für 2020 geplant, könnte sich aus regulatorischen Gründen aber stark verzögern.
- "Lib" bedeutet "Freiheit" ("Libra" = "Freiheits-Coin").
- Der Kurs von Libra wird möglichst stabil gehalten und 1 : 1 mit einem Korb aus verschiedenen Fiat-Währungen gedeckt sein.
- Der Libra-Coin hat, zumindest theoretisch, das Potenzial als weltweites Zahlungsmittel eingesetzt zu werden ("Weltwährung").
- Die Libra-Association wird final aus 100 Mitgliedern mit jeweils 1 % Stimmrecht bestehen. Dazu gehört Facebook, Mastercard, Visa und PayPal. Facebook hat ebenfalls nur 1 Stimme und damit nicht mehr Macht als andere Libra-Partner.
- Es gibt KEINE Finanzpolitik (Inflation/Deflation), wie man es zum Beispiel seitens der EZB kennt.
- Libra kann nicht anonym verwendet werden, da die Calibra-Wallet eine Verifikation erfordert.
Was steckt hinter dem Facebook-Coin?
Libra ist eine Kryptowährung, welche von der Libra Association mit Sitz in der Schweiz (Genf) herausgegeben und verwaltet wird. Der Coin ist weder fertiggestellt noch handelbar und existiert aktuell mehr oder weniger nur auf dem Blatt Papier.
Libra wird offiziell aus folgenden Gründen entwickelt:
- Coins wie Bitcoin oder Ethereum sind in der Praxis nur bedingt als Zahlungsmittel geeignet.
- Bisherige Kryptowährungen sind zu volatil.
- Mehr als 1,7 Milliarden Menschen auf der Welt besitzen kein Bankkonto.
- Traditionelle Zahlungsdienstleister verrechnen im Schnitt 7 % an Transaktionsgebühren, was einer Gesamtsumme von mehr als 50 Milliarden jährlich entspricht.
"Libra wird sich zu über die Zeit von einem zentralen zu einem dezentralen Coin entwickeln."
Wie funktioniert Libra?
Libra funktioniert etwas anders als andere Kryptowährungen. Einerseits wird ebenso eine Blockchain verwendet, diese wird jedoch, zumindest am Anfang, zentral gehalten. Eine Dezentralisierung wird erst in einem späteren Schritt erfolgen.
Weitere Fakten:
- Die Blockchain erlaubt aufgrund der wenigen Nodes 1.000 Transaktionen pro Sekunde.
- Anstatt UTXOs wird ein Account-Modell wie bei Ethereum verwendet.
- Als Konsensus-Algorithmus kommt "HotStuff" zum Einsatz. Das Ziel ist allerdings auf Proof-of-Stake umzusteigen.
- Es gibt keine Private- und Public-Keys. Die Wallet wird zentral kontrolliert und es besteht die Möglichkeit, Transaktionen rückgängig zu machen.
- Dieser zentrale Ansatz ist zwar einer der großen Kritikpunkte an Libra, ist aber zu Anfang auch unumgänglich. Es werden zu Beginn Fehler passieren, welche rückgängig gemacht werden müssen.
- Libra wird zuerst in "Rust" programmiert und später in der Open-Source-Programmiersprache "Move".
- Es wird ein Bug-Bounty-System (Belohnung für das Finden von Sicherheitslücken und Fehlern) geben.
"Überweisungen müssen so einfach wie das Senden eines Fotos sein: digital, schnell, kostenlos und sicher."
Preisstabilität durch Währungskorb
Es wird bei Libra keine Volatilität geben, wie man diese von anderen Kryptowährungen kennt.
Es ist geplant, den Libra-Coin im Verhältnis 1:1 durch einen Korb aus Fiat-Währungen zu decken, um höchstmögliche Stabilität zu erreichen und nicht von einer einzelnen Währung abhängig zu machen.
Der Wechsel von Fiat zu Libra wird neue Libra-Coins kreieren, andersherum werden die Coins "verbrannt".
Welche Währungen in den Korb ausgenommen werden, steht aktuell noch nicht fest.
Finanzierung von Libra
Auch wenn Libra als Non-Profit-Projekt gehalten wird, muss es finanziert werden.
Aus diesem Grund sind folgende Gebühren in Planung:
- Zinsen & Wechselgebühren: Fiat-Währungen (Euro, US-Dollar, Yen, ...) werden in Libra und wieder zurückgetauscht werden. Somit besteht immer ein riesiger Fonds, welcher Zinsen abwerfen sowie Wechselgebühren verursachen wird.
- Transaktionsgebühren: Es werden Gebühren für Überweisungen erhoben. Wie hoch diese sein werden, ist noch nicht entschieden. Sie sollen zumindest aber gering ausfallen.
Was ist die Libra Association?
Die Libra Association ist eine eigenständige Tochtergesellschaft von Facebook und die Non-Profit-Organisation hinter dem Libra-Coin. Als Standort der rechtlichen Basis wurde die Schweiz gewählt - vermutlich mit dem Hintergrund, dass die Schweiz immer als recht neutrales Land gesehen wird und die Libra Association politische Verstrickungen möglichst minimieren möchte.
Diese Unternehmen sind Mitglied
Aktuell besteht die Libra Association aus 28 Mitgliedern, welche sich zweimal jährlich zu einem Treffen zusammenfinden. Bis zum Start von Libra im Jahr 2020 soll die Mitgliederanzahl auf 100 anwachsen.
Bei diesen Unternehmen ist interessant zu beobachten, dass Zahlungsdienstleister wie Visa, Mastercard und PayPal zu finden sind, obwohl Libra direkter Konkurrent ist - dies sagt über das Potenzial von Libra bereits einiges aus!
Aufnahmekriterien für Libra-Partner
Um Partner von Libra zu werden und damit in die Unternehmensliste von final 100 Stück aufgenommen zu werden, gibt es folgende Voraussetzungen:
- Internetleitung mit mind. 100 MBit Geschwindigkeit
- Einen für das Libra-Projekt zuständigen Ingenieur in Vollzeit
- Darüber hinaus müssen mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt werden:
- Mindestens 1 Milliarde US-Dollar an Marktkapitalisierung oder Verwaltung von mehr als 500 Millionen US-Dollar an Kundengeldern.
- Jährlich müssen mindestens 20 Millionen Menschen erreicht werden.
- Man muss eines der Top 100 führenden Unternehmen in seiner Branche sein.
Für Unternehmen aus dem Blockchain-Bereich gibt es verminderte Anforderungen:
- Diese müssen mindestens 1 Jahr lang am Markt aktiv sein und mindestens 100 Millionen US-Dollar Vermögen besitzen (Cash oder in anderen Assets).
- Allerdings gibt es hier eine Obergrenze: nur 1/3 aller Mitglieder dürfen aus der Krypto-Industrie kommen.
Unter bestimmten Umständen können auch Universitäten und Non-Profit-Organisationen Libra-Partner werden.
Für alle teilnehmenden Libra-Unternehmen gilt: Die "Eintrittskarte" sind $ 10 Millionen, für welche im Gegenzug Libra-Investment-Token ausgehändigt werden.
Für Investoren gilt:
- Interessierte, die in den Libra-Coin investieren möchten, müssen mindestens 1 Milliarde US-Dollar verwalten.
Calibra Wallet
Die zu Libra entwickelte Wallet heißt "Calibra". Diese wird als Stand-Alone-Anwendung zur Verfügung stehen, aber auch in andere Dienste wie WhatsApp oder den Facebook Messenger integriert werden.
Um Betrug vorzubeugen, wird eine Registrierung nur mit amtlichem Lichtbildausweis (KYC-Verfahren) möglich sein.
Regulierung von Libra
Libra ist stark im Fokus staatlicher Regulierungsbehörden. Auch Vorstände mancher Großbanken haben bereits massiven Protest angekündigt.
Die Argumente für die Regulierung von Libra sind:
- Es darf keine Währung von privaten Unternehmen herausgegeben werden.
- Facebook erschafft mit Libra eine Schattenbank.
- Libra umgeht Auflagen und Regulierungen.
Facebook bzw. der Libra Association war dieser Gegenwind bereits in der Entstehungsphase bekannt. Aus diesem Grund wurden gewisse Vorkehrungen getroffen:
- Hauptsitz im neutralen Staat der Schweiz.
- Die Stimme eines jeden Libra-Partners hat nur 1 % Gewichtung. Da es 100 Partner geben wird, ist die Macht somit völlig gleichmäßig verteilt. Es gibt somit keinen Zentral-Verantwortlichen.
Trotz dessen hat Libra einen steinigen Weg vor sich. Neben den USA und Japan kämpfen auch manche europäische Staaten wie Großbritannien, Frankreich oder Deutschland gegen den Start des Facebook-Coins an.
Kritik an Libra
Libra ist zwei großen Kritikpunkten ausgesetzt:
- Libra wird zentral verwaltet. Die Libra Association wird den Zahlungsverkehr von Libra überwachen und im Notfall eingreifen und Überweisungen sogar rückgängig machen können - das steht ganz entgegen der Natur anderer Kryptowährungen.
- Es gibt eine zu enge Verstrickung mit Facebook. Dieser Punkt betrifft vorwiegend den Datenschutz und Privatsphäre. Facebook selbst sagt dazu: "Wir werden keine Kontakte oder andere Informationen übertragen. Wir verstehen, dass Menschen, ihre finanziellen Informationen nicht mit persönlichen Daten vermischen möchte". Da Libra allerdings auch über Social Media-Plattformen und Messenger genutzt werden können wird, ist eine Verknüpfung der Daten unumgänglich.
Pro & Contra zu Libra
Abschließend werfen wir einen Blick auf die größten Vor- und Nachteile des Facebook-Coins.
- Menschen aus Drittländern bekommen einfachen Zugang zum Geldsystem.
- Libra könnte es schaffen, Kryptowährungen zum großen Durchbruch zu verhelfen.
- Extrem schnelle Blockchain mit 1.000 Transaktionen/Sekunde.
- Durch die Verteilung des Projekts auf 100 Unternehmen ist es für Staaten schwieriger, rechtliche Mittel durchzusetzen.
- Die Währungsreserve gibt dem Libra-Coin intrinsischen Wert.
- Sowohl die Technik als auch das Konzept ist auf einem hohen Niveau.
- Libra kann nicht anonym genutzt werden. Persönliche Daten wie Reisepass, Personalausweis oder Führerschein müssen zwingend hinterlegt werden.
- Libra ist in den ersten Jahren nach dem Start zentral.
- Kryptowährungen rücken mehr in den Fokus der Politik, was strengere gesetzliche Auflagen nach sich ziehen wird.
Weiterführende Informationen
Website:
libra.org
Wallet:
calibra.com
Quellen
[0] Eigene Recherche[1] https://libra.org/de-DE/association/
[2] https://developers.libra.org/
[3] https://libra.org/de-DE/white-paper/?noredirect=de-DE
[4] https://t3n.de/news/viel-gegenwind-facebook-warnt-1183220/
[5] https://hackernoon.com/facebook-and-libra-coin-what-you-need-to-know-bc9296921d8f
[6] https://www.wsj.com/articles/libra-coin-what-you-need-to-know-about-facebooks-answer-to-bitcoin-11560864351
[6] https://calibra.com/