Regulierung von Kryptowährungen in den USA und EU - Was erwartet Anleger?


Martin Fiedler

Zuletzt Aktualisiert: 21. März 2022

Die Biden Administration nimmt Bitcoin und andere Kryptowährungen ins Visier. Aktuell wird eine sogenannte „Executive Order“ vorbereitet, welche eine Strategie zum Umgang mit den digitalen Vermögenswerten in den USA vorgeben soll. Aber auch die US-Börsenaufsicht SEC sowie die Federal Reserve haben angekündigt, digitale Währungen stärker regulieren zu wollen. Ebenso gab die EU letztes Jahr bekannt, sich dem Thema anzunehmen und beispielsweise anonyme Wallets verbieten zu wollen. Auch sind erst kürzlich Proof-of-Work-Kryptowährungen wie Bitcoin an einem De-facto-Verbot vorbeigeschrammt. Was bedeuten die anstehenden Regulierungen für den Krypto-Markt?

Executive Order der Biden Administration zur Regulierung von Kryptowährungen

Nach dem Absturz der meisten Kryptowährungen seit dem vorläufigen Hoch im November 2021 macht sich bei Krypto-Investoren zunehmend Nervosität bemerkbar.

Einen guten Beitrag dazu leistete der aktuelle Vorstoß von US-Präsident Joe Biden, Bitcoin und andere Kryptowährungen einer genaueren Untersuchung unterziehen zu lassen, mit dem Ziel, eine Executive Order zu gestalten, welche einen Rahmen für den weiteren Umgang mit Kryptowährungen zu setzen.

Was ist eine Executive Order?


Eine Executive Order (zu Deutsch: „Durchführungsverordnung“) ist eine Richtlinie bzw. Verordnung, welche durch einen Präsidenten oder einen Gouverneur in den vereinigten Staaten von Amerika erlassen werden kann.

In der geplanten Richtlinie soll es nicht nur um die Coins (Bitcoin, Ethereum, Cardano, …) selbst gehen, sondern das gesamte Krypto-Ökosystem beleuchtet werden. Dazu gehören auch die vielen neuen Finanzdienstleister und Krypto-Börsen in diesem Ökosystem, ICOs und auch NFTs.

Die Biden Adminsitration arbeitet aktuell an Entwürfen einer Regulierung von Bitcoin und anderen Kryptowährungen

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Stablecoins, also digitalen Währungen, welche eine Fiat-Währung wie zum Beispiel den US-Dollar abbilden.

Gary Gensler von der SEC: Offen gegenüber Blockchaintechnologie, aber Anlegeschutz steht im Vordergrund

Vorstöße zur stärkeren Regulierung von Bitcoin & Co gibt es in den USA bereits seit letztem Jahr. Federführend ist hier Gary Gensler, Vorsitzender der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission).

Gary Gensler gilt als offen gegenüber der Technologie von Kryptowährungen und im Speziellen auch Bitcoin, fährt jedoch eine harte Linie gegen Anlagebetrug.

Gensler gilt als offen und interessiert gegenüber der Blockchaintechnologie, was ihm vor allem in der Bitcoin-Szene Sympathiepunkte gebracht hat. Gleichzeitig gab er in einer Rede beim Aspen Security Forum zu verstehen, dass er „nicht neutral gegenüber Anlegerschutz sei“.

Weiters führte er aus:

„Wenn jemand spekulieren möchte, dann ist das seine Sache. Wir als Nation haben aber die Aufgabe, diese Investoren vor Betrug zu schützen."

Überraschende Sonderstellung von Bitcoin gegenüber Kryptowährungen wie Ethereum und anderen Altcoins in der Regulierungsdebatte

Interessant ist zu beobachten, dass Gary Gensler Bitcoin in einer anderen Assetklasse als die sogenannten „Altcoins“, also Coins bzw. Token wie zum Beispiel Ethereum, Cardano oder Dogecoin, sieht.

Bitcoin wird in der Regulierungsdebatte nämlich als Gut („Commodity“), ähnlich zu Gold, behandelt, wohingegen die meisten anderen Kryptowährungen als „Security“, also als Wertpapier, eingestuft werden sollen.

Das mag für Außenstehende unverständlich wirken, der Hintergrund der Ungleichbehandlung ist bei näherer Betrachtung jedoch durchaus nachvollziehbar.

Der Grund, wieso beispielsweise Ethereum wie ein Wertpapier behandelt wird, ist, da es hier einen ICO, also ein Initial Coin Offering gegeben hat, welches ähnlich zu einem IPO (Initial Public Offering) angesehen wird.

Die im Zuge eines ICO ausgegeben Coins hätten, so die Argumentation der SEC, einen Wertpapier-ähnlichen Charakter, da sich die Investoren eine Wertsteigerung erwarten und der Kurs sich am Erfolg des dahinterliegenden Unternehmens orientiert.

Das Gleiche geschieht im Kern auch bei einem IPO, nur dass im Gegensatz zu einem ICO keine Aktien, sondern Kryptowährungen bzw. Token ausgegeben werden.

Gleichzeitig behalten die Gründer der Token, welche mehrheitlich auf dem Proof-of-Stake-Algorithmus basieren, vor Ausgabe der Coins meist einen großen Anteil im Unternehmen.

ICOs und IPOs aber komplett gleichzustellen, wäre auch nicht ganz richtig. Denn Aktionäre haben beispielsweise Mitspracherecht im Unternehmen, was bei Krypto-Investoren nicht der Fall ist.

Bei Bitcoin gestaltet sich der Fall anders. Zwar erhoffen sich Investoren auch hier eine Wertsteigerung, es gibt und gab jedoch kein zentrales, ausgebendes Unternehmen. Die Ausgabe neuer Bitcoins wird auch von keiner zentralen Instanz gesteuert, sondern wird durch den Proof-of-Work-Algorithmus automatisiert an die Miner als Reward für das Bestätigen von Transaktionen ausgeschüttet.

Stablecoins wie Tether oder USD Coin ein eigenes Kapitel

Sogenannte Stablecoins, also weitestgehend wertstabile digitale Währungen wie beispielsweise Tether oder USD Coin, stellen ein eigenes Kapitel in der kommenden Regulierung der USA dar.

Sowohl die SEC als auch die Federal Reserve und das Department of Treasury erwähnten Stablecoins explizit separat, eine genaue Vorgehensweise diesbezüglich gibt es allerdings noch nicht.

Es scheint sich jedoch abzuzeichnen, dass die Herausgeber („Issuer“) der Stablecoins den gleichen Gesetzen wie Banken unterliegen sollen und es ein besonderes Augenmerk auf die Hinterlegung der jeweiligen Assets gibt.

Tether, der bekannteste Stablecoin, gibt beispielsweise an, 1:1 mit US-Dollar und anderen Assets wie Anleihen oder Rohstoffen hinterlegt zu sein. So richtig transparent gestaltet das dahinterliegende Unternehmen, die Tether Limited, die Sache allerdings nicht.

Tether gewährte unabhängigen Auditoren bisher keinen genaueren Einblick und verwehrte jede genauere Untersuchung bisher.

Selbst der Unternehmenssitz der Tether Limited ist ohne genauere Angaben nur mit Schweiz sowie Hong Kong angegeben. Wo sich die Räumlichkeiten genau befinden, ist unbekannt.

Hinzu kommen mutmaßliche Verstrickungen mit der Krypto-Börse „Bitfinex“, welche bezichtigt wird, als eine Art Dreh-und-Angelpunkt für das „Drucken“ neuer Tether zu sein, welche nicht durch Cash und andere Assets hinterlegt sein sollen.

Auch wenn es in diesen neuen Märkten zwar noch viele Mutmaßungen und nur wenig handfeste Beweise für Betrug gibt, so beschleunigen Beispiele wie diese, die Verabschiedung gesetzlicher Rahmenbedingungen, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Europäische Union (EU) für Verbot anonymer Wallets und Nachverfolgung von Transaktionen

Nicht nur die USA arbeitet an Gesetzesverlagen, auch die Europäische Union (EU) macht sich bereits seit Längerem Gedanken zu diesem Thema.

Im Zentrum der Debatte steht Transparenz. So sollen Krypto Börsen wie beispielsweise Kraken, Coinbase oder Binance dazu angehalten werden, Zahlungsströme aufzuzeichnen und ein strengeres KYC-Verfahren („Know Your Customer“) als bislang durchzuführen.

Bei vielen pseudoanonymen Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin sind Transaktionen zwar bereits jetzt schon öffentlich in der Blockchain nachverfolgbar. In den meisten Fällen weiß man allerdings nicht, wer hinter einem bestimmten Public Key steckt, welcher aus einer langen Buchstaben- und Zahlen-Kette besteht.

Das wiederum läuft den Bemühungen in der Terrorfinanzierung (CFT)- und Geldwäsche (AML)-Bekämpfung zuwider.

Nach den vorläufigen Plänen der EU wären Krypto-Börsen dazu angehalten, beispielsweise Nachweise über die Herkunft von Coins zu verlangen, welche auf die Krypto-Plattformen transferiert werden. Ebenso müsste aufgezeichnet werden, an welche Wallets, inklusive Daten der jeweiligen Besitzer, Coins von der Börse weg transferiert werden.

Maired McGuinesss, die Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion in der EU-Kommission, gab im Juli 2021 darüber hinaus bekannt, dass „anonyme Krypto-Wallets verboten werden“ sollen [Link].

Wie ein derartiges Verbot in der Praxis aussehen soll, darüber gibt es noch keine Details.

Anonyme Blockchain-Adressen lassen sich nämlich von jedem Computer und Smartphone aus erstellen. Sollten derartige Wallets tatsächlich verboten werden, müsste jede dieser Wallets bzw. Adressen mit dem eigenen Namen in einem zentralen Register der EU gemeldet werden.

Eine andere Lösung wäre, dass Kryptowährungen nur mehr bei entsprechenden Finanzdienstleistern verwahrt werden dürfen.

Haarscharf am Verbot von Bitcoin vorbei: Die MiCA-Verordnung der EU und der Proof-of-Work-Algorithmus

Die MiCA-Verodnung (Markets in Crypto-Assets) soll Kryptowährungen einen weiteren, rechtlichen Rahmen in der EU geben. Ein Absatz darin erregte jedoch aufsehen:

"Krypto-Assets sollten in Bezug auf ihren Konsensmechanismus, der zur Validierung von Transaktionen verwendet wird, ökologischen Mindestnachhaltigkeitsstandards unterliegen, bevor sie in der Union ausgegeben, angeboten oder zum Handel zugelassen werden."

Das würde vorwiegend Bitcoin betreffen, da hier, im Gegensatz zu den meisten anderen Kryptowährungen, auf das sogenannte "Proof-of-Work"-Verfahren gesetzt wird. Ein Konsensusalgorithmus, welcher als besonders energiehungrig gilt. Das würde einem Verbot dieser Kryptowährung gleichkommen. Zumindest nach strenger Auslegung. Inzwischen werden nämlich über 40% des Bitcoin-Minings mit erneuerbarer Energie betrieben - mit steigender Tendenz.

Auf der anderen Seite hieß es in der MiCA-Verordnung, dass bei derartigen Kryptowährungen ein Plan vorgelegt werden sollte, wie man den gesetzlichen Anforderungen bzgl. des Energieverbrauchs entsprechen wolle. Dies ist aufgrund der dezentralen Architektur des Bitcoin jedoch nicht möglich. Es gibt hier schlicht keinen Ansprechpartner, welcher eine derartigen Plan vorlegen könnte. Bereits dieser Umstand würde einem Bitcoin-Verbot gleichkommen.

Bei der Abstimmung am 14. März 2022 konnte sich jedoch jener Entwurf durchsetzen, welcher den umstrittenen Passus nicht enthielt. Letzterer Vorschlag wurde mit 24 gegen 24 Stimmen abgelehnt.

Sind die kommenden Regulierungen positiv oder negativ für die weitere Entwicklung von Kryptowährungen?

Fragt man einen enthusiastischen Bitcoin-Investor, so ist Regulierung und damit immer auch ein gewisser Verlust an Freiheit, abzulehnen. Es widerspricht im Grundsatz der Idee von Satoshi Nakamoto und anderen Vorreitern in diesem Bereich.

Andere Kryptowährungen dagegen, wie beispielsweise Ripple (XRP), suchen aktiv nach Partnerschaften im traditionellen Finanzmarkt und scheuen sich weniger, den gängigen Gesetzen zu Anti-Geldwäsche oder Anti-Terrorfinanzierung zu entsprechen.

Zwar ist es theoretisch möglich, dass Kryptowährungen wie Bitcoin rein technisch dazu in der Lage wären, sich jeglichen gesetzlichen Auflagen zu entziehen, jedoch tatsächlich nur aus technischer Sicht.

Wenn beispielsweise Mining in den meisten Ländern der Welt aktiv bekämpft werden sollte oder der Betrieb von Exchanges untersagt wird, wenn diese sich nicht den Regulationen beugen sollten, aber den Handel trotzdem anbieten, dann wird es vermutlich schlicht an der breiten Masse fehlen, die dennoch bereit ist, in diese Assets zu investieren.

Man darf auch nicht übersehen, dass Kryptowährungen zwar in gewisser Hinsicht den Kinderschuhen erwachsen sind, sie jedoch noch nicht dasselbe Vertrauen wie andere Assets genießen. Dies liegt zu einem großen Teil in der schlicht nicht vorhandenen rechtlichen Einstufung und regulatorischen Rahmenbedingungen.

Es herrscht im Allgemeinen ein Konsens darüber, dass entsprechende Regulierung von Kryptowährungen nicht abzuwenden ist. Selbstverständlich wird dies mit Einschränkungen einhergehen und den Handel und Zahlungsverkehr mit den digitalen Währungen zu einem gewissen Teil unfreier machen.

Gleichzeitig wird es den Markt aber auf institutioneller Investor-Ebene stärken.

Aktuell ist es beispielsweise den meisten Investmentfonds nicht erlaubt, über einen bestimmten Prozentsatz des Gesamtportfolios hinaus, in Kryptowährungen zu investieren. Derartige Beschränkungen werden in der Regel umso mehr gelockert, umso mehr Vertrauen in ein Asset gegeben ist. Vertrauen wird wiederum stark von den gesetzlichen Rahmenbedingungen beeinflusst.

Es ist daher abzusehen, dass am Ende des Tages, Regulierung den Markt in ein regulatorisches Korsett zwängen wird, was jedoch voraussichtlich auch den Effekt hat, dass dieser, auf lange Sicht gesehen, stärker wachsen kann, da so mehr institutionelles Geld hineinfließen kann.

Wirklich interessant wird es allerdings bei Detailfragen. Herbe Schläge wären beispielsweise das angesprochene Verbot anonymer Wallets oder die Einstufung von Tokens im Zuge eines ICOs als Wertpapiere. Der Aufwand, der hier rückwirkend aufgearbeitet werden müsste, wäre enorm.

Dinge wie diese, können kurz- bis mittelfristig für Rückschläge sorgen, welche sich auch in einem größeren Preisabsturz bemerkbar machen können.

Auf lange Sicht jedoch, wird Regulierung, zumindest was die Kurse betrifft, vermutlich positive Effekte haben.

Dieser Artikel wurde erstmals am 10. Februar 2022 veröffentlicht und am 21. März 2022 aktualisiert.
😏 Am Finanzmarkt immer einen Schritt voraus sein...

Exklusiver Newsletter für die FINANZSACHE-Community

FINANZSACHE

Als Dankeschön für deine Anmeldung erhältst du sofortigen Zugriff auf den Report: "Börsenstrategie komplett offengelegt - Exklusiver Einblick in ein Basisdepot!"

Inhalte der Newsletter: Neue Artikel und Informationen zu Investments, Börse, Wirtschaft & Co. (Finanzen). Inkl. News von FINANZSACHE und Gewinnspiele nur für Newsletter-Abonnenten. Keine Anlageberatung. Der Versand erfolgt über den Dienstleister Mailchimp. Mit dem Abonnement des Newsletters erklärst du dich mit den entsprechenden Datenschutzbestimmungen einverstanden.